Palmsonntag 10.00 Uhr – der Gottesdienst beginnt. Der Dienstleiter betritt das Kirchenschiff und geht zum Altar, gefolgt von den Priestern. Moment, da fehlt doch einer?!
Vielleicht hat sich gerade an diesem Feiertag jemand gefragt, wo Priester Grams ist. Nur wenige wissen, dass auch er in diesem Moment einen Gottesdienst beginnt: er ist in der AWO-Wohnanlage Schloss Glienig. Er wurde bereits sehnlich erwartet und freudig begrüßt, am Ende werden es 8 Bewohnerinnen und Bewohner des Schlosses sein, die am Gottesdienst teilnehmen. Sie kennen ihren Priester und freuen sich, dass er zu ihnen kommt.
Im Schloss Glienig leben Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen, die zur Zeit oder auf Dauer nicht in der Lage sind, ihren Alltag allein zu meistern. Seit etwa 50 Jahren werden dort auch Gottesdienste unserer Kirche gefeiert. Die kleine Station wurde von Luckau betreut und gehört damit jetzt zu unserer Gemeinde.
Der Gottesdienst wird im Gemeinschaftsraum im ersten Stock gefeiert. Zuerst muss der Raum ein wenig hergerichtet werden: Tische und Stühle werden gerückt, Vasen umgestellt, die Bibel und der Abendmahlskelch bekommen ihren Platz auf dem „Altar“. Die Bewohner nehmen in den Sesseln und Sitzgruppen Platz oder werden im Rollstuhl hineingefahren. Heute sind 3 Spieler mitgekommen – mit Geige, Altblockflöte und Cello werden nicht nur Lieder vorgetragen, sondern auch der Gemeindegesang begleitet. Zwei Schlossbewohnern gefällt die Musik besonders: die Wellensittiche in ihrem Käfig stimmen fröhlich mit ein. Und weil heute Feiertag ist, gibt es nach Eingangsgebet und Bibelvers auch die vorgesehene Bibellesung. Es ist eine erwartungsfrohe Gemeinde, die dort versammelt ist, man spürt die Freude. Priester Grams geht auf das Palmsonntagsgeschehen ein. Aber etwas ist eben anders in dieser besonderen Gemeinde. Zustimmung zur Predigt wird offen kundgetan, aber auch Fragen werden gestellt und vom Priester beantwortet. Und so wird der Gemeinde heute der ganze Heilsplan Gottes vermittelt: angefangen beim Sündenfall über die Zusage Gottes, einen Erretter zu senden bis hin zur neuen Schöpfung. Gemeinsam wird das „Unser Vater“ gebetet, und nach der Sündenvergebung ist das freudig erwartete Abendmahl wirklich der Höhepunkt des Gottesdienstes. Nach der Segensspendung fragt Priester Grams in die Runde, ob jemand noch einen Wunsch nach einem Lied hat, und dieser Wunsch wird sofort geäußert. So ertönt zum Schluss „Nun danket alle Gott“.
Falls also wieder einmal an einem Sonntag Priester Grams und auch der eine oder andere Spieler vermisst werden – es kann sein, dass sie dann in Glienig sind…